Urlaub in Europa ist auch für Familien mit ungeimpften Kindern derzeit gut machbar
Der Sommer ist endgültig vorbei, schon stehen die Herbstferien vor der Tür. Und damit für viele die vorerst letzte Chance, noch einmal Wärme zu tanken. Viele Urlauber zieht es in den Süden, ans Mittelmeer. Wer nicht geimpft ist, hat jedoch in vielen Ländern handfeste Nachteile. Für Kinder unter zwölf Jahren gilt das aber nicht unbedingt – eine gute Nachricht für Familien.
Wie ist die Ausgangslage für den Herbst?
Wer gegen das Coronavirus geimpft ist, genießt wieder eine relativ große Freizügigkeit, jedenfalls in Europa. «Ich würde auf jeden Fall zur Impfung raten, sowohl aus reisetechnischen als auch medizinischen Gründen», sagt der Reisemediziner Prof. Tomas Jelinek aus Berlin.
Für Kinder unter zwölf Jahren gibt es allerdings noch keine Impfung. Biontech und Pfizer arbeiten an einem entsprechenden Impfstoff. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) rechnet mit der Zulassung für das erste Quartal 2022. Bis zu einer Empfehlung des Impfstoffs durch die Stiko könne dann noch einmal Zeit vergehen.
Wie sehen die Corona-Vorschriften aus?
In vielen Urlaubsländern setzen Regierungen und Behörden auf die 3G-Regel (geimpft, genesen oder getestet). Das gilt etwa für die Einreise in ein bestimmtes Land, aber auch für Hotels, Museen, Restaurants, Veranstaltungen und andere Freizeit- und Kulturangebote.
Konkret bedeutet das: Wer als Erwachsener nicht geimpft ist, braucht für viele Unternehmungen einen negativen Test. Das gilt auch für die Rückreise aus dem Ausland nach Deutschland. Oft gibt es aber für Unter-Zwölfjährige Ausnahmen von der Testpflicht – so auch für junge Reiserückkehrer unter zwölf Jahren.
In einigen Bundesländern können Veranstalter nun wählen: Entweder sie wenden ein 3G-Konzept mit den geltenden Corona-Regeln an oder ein 2G-Konzept (geimpft oder genesen) ohne weitere Einschränkungen. Wo 2G zur Anwendung kommt, gibt es wiederum meist Ausnahmen für Kinder, zumal die ohnehin häufig für die Schule getestet werden.
Recht familienfreundlich sind auch die Regeln im europäischen Ausland. In Italien selbst gilt die strenge 3-G-Regel in Form des «Grünen Passes» ab zwölf Jahren. Hier sind Eltern mit Kindern, die noch nicht geimpft werden können, also fein raus: Sie müssen ihre «Bambini» nicht für jeden Restaurantbesuch testen lassen. Auch in Österreich gilt die 3G-Regel ab zwölf Jahren. Ausnahme ist Wien, dort sind es sechs Jahre. Und auch in Spanien, Griechenland, Portugal und Frankreich greift die Testpflicht erst ab zwölf Jahren.
«Die Regelungen in Europa weichen nicht groß voneinander ab», sagt Beate Dalkowski-Orth vom Veranstalter Vamos Eltern-Kind-Reisen. «Im Vergleich zu den Sommern 2020 und 2021 sehen wir in diesem Herbst keine speziellen Hürden mehr für Familienreisen in Europa.»
Was sollte ich vor der Reise prüfen?
«Familien müssen sich weiterhin gut informieren, zum Beispiel beim Auswärtigen Amt oder ADAC», empfiehlt Dalkowski-Orth. Auch die Reisebüros sind hier informierte Ansprechpartner. «Es kann natürlich sein, dass sich kurzfristig die Regeln vor Ort ändern.»
Ausnahmen für Kinder unter zwölf Jahren müssen nicht überall gelten. In der Türkeizum Beispiel liegt die Altersgrenze derzeit bei sechs Jahren. Außerdem ist längst nicht jeder Jugendliche geimpft, der es schon sein könnte. Oder eine Impfung ist aus medizinischen Gründen gar nicht möglich. Dann bleibt nur Testen.
In manchen Fällen hilft Kindern auch ein Test nicht: Aida Cruises etwa bietet einige Kreuzfahrten im Winter ausnahmslos Menschen mit Corona-Impfung an. Auf Reisen in die Karibik, den Orient oder nach Norwegen gibt es laut Reederei keine Ausnahmen für ungeimpfte Kinder, sie können nicht mitreisen. Auf Reisen etwa zu den Kanaren, im Mittelmeer oder auf Städtetouren ab Hamburg können Kinder bis zwölf Jahre mit einem negativer Corona-Test mitfahren.
Was sollte ich zu Corona-Tests im Ausland wissen?
Ralf Hieke ist Vizepräsident des Deutschen Reiseverbandes (DRV) für die mittelständischen Reisemittler und Reisebüroinhaber. Er nennt drei Dinge, die für Familien wichtig sind: das Alter des Kindes, die genauen Regeln des Landes und die Testinfrastruktur vor Ort. Also: Wo kann man sich testen lassen? Wie häufig? Und welche Kosten fallen an?
Für Familien sei diese Frage ein ausschlaggebendes Argument bei der Buchung, weiß Hieke. «Wenn ich jeden zweiten Tag sechs Kilometer laufen muss, um mich für 45 Euro testen zu lassen, trübt das die Urlaubsfreude.» Beliebte Urlaubsregionen wie Mallorca hätten das in ihr Kalkül einbezogen und sich auf regelmäßiges Testen eingestellt. Zumal Ungeimpfte den Test für die Rückreise ohnehin brauchen.
Das Europäische Verbraucherzentrum in Kehl bietet im Internet eine Übersicht mit den Kosten für Corona-Tests in Europa. Weil es hier stets Änderungen geben kann, lohnt eine kurzfristige Nachfrage zum Beispiel im Reisebüro. Eventuell werden Testkosten im Rahmen eines Reisepakets übernommen, das sollten Reisende vorab klären.
Was Hieke zufolge nicht funktioniert: einfach Selbsttests für die Benutzung etwa im Hotelzimmer mitnehmen. «In der Regel muss der Test von einem qualifizierten Dritten gemacht werden, und es braucht in der Regel eine automatisch erzeugte E-Mail als Testbeleg.»
Was passiert, wenn mein Kind in Quarantäne muss?
Das kann daheim kurz vor dem Urlaub passieren, etwa weil ein anderes Kind aus der Schulklasse positiv getestet wurde – dann kann sich der Urlaubsbeginn verzögern. Mit entsprechenden Mehrkosten. Denn Anreise und Unterkunft lassen sich oft nicht mehr kostenlos umbuchen. Vor diesem Kostenrisiko schützt eine Reiserücktrittsversicherung, die ausdrücklich auch einen solchen Quarantänefall abdeckt.
Das Kind kann sich aber auch im Urlaub mit Corona infizieren oder zumindest als Kontaktperson unter Quarantäne gestellt werden. Das kann eine unfreiwillige Verlängerung des Urlaubs bedeuten. «Wer bleibt mit dem Kind vor Ort und wer fliegt nach Hause? Diese Frage beeinträchtigt die Urlaubsplanung ganz massiv», sagt Ralf Hieke. Eltern sollten hier ein Szenario im Hinterkopf haben, rät er.
Es gebe mehrere Möglichkeiten, dem Kostenrisiko zu begegnen: Entweder bietet die Destination selbst eine finanzielle Absicherung für den Quarantänefall. Oder der Reiseveranstalter hat diesen Fall mit einer speziellen Covid-Versicherung abgedeckt. Ansonsten bietet sich der Schutz über eine private Reiseversicherung an, die auch den Quarantänefall abdeckt. Hier gilt: die Police genau prüfen.
Wann droht eine Quarantäne bei der Rückkehr nach Deutschland?
Sie ist vorgeschrieben für Ungeimpfte und Kinder unter zwölf Jahren, wenn diese aus einem Hochrisikogebiet heimkehren. Mindestens fünf Tage Quarantäne werden dann fällig. Für Genese und Geimpfte gilt das nicht. Eine Übersicht der betroffenen Länder und Regionen bietet das Robert Koch-Institut (RKI) auf seiner Webseite.
In Europa sieht es derzeit entspannt aus: Auch Spanien, Portugal, Zypern und Griechenland sind keine Hochrisikogebiete mehr. Weiterhin aber andere beliebte Urlaubsländer wie die Türkei und Ägypten.
Virusvariantengebiete mit noch strengeren Quarantäneregeln als bei Hochrisikogebieten gibt es aktuell nicht – weil sich auch in Deutschland längst die Delta-Variante durchgesetzt hat.
Wann sollte ich mit meinem Kind nicht verreisen?
Reisemediziner Prof. Tomas Jelinek nennt Symptome, mit denen Kinder nicht auf Reisen gehen sollten: hohes Fieber, starke Apathie, «ein deutlich verändertes Kind». Der Experte rät davon ab, einfach einen Fiebersenker zu verabreichen. «Spätestens bei 40 Grad Fieber sollte man mit dem Kind ganz bestimmt nicht wegfahren. Heutzutage kommen Sie dann auch gar nicht in den Flieger.»
Was gehört in die Reiseapotheke?
Tomas Jelinek rät zu einem Mittel gegen Durchfall. «Kinder vertragen den Flüssigkeitsverlust nicht so gut.» Elektrolyte gebe es extra für Kinder, dazu seien Fiebersenker und Schmerzmittel sinnvoll – wieder spezielle Präparate für Kinder. «Außerdem etwas zur Wundversorgung, ein Desinfektionsmittel, das nicht brennt, und falls die Sonne doch zuviel war, eine kühlende Creme gegen den Sonnenbrand.»
Für sehr junge Kinder empfiehlt Jelinek für Flugreisen ein Nasenspray, um die Nase freizubekommen – für den Druckausgleich. Hilfreich kann auch ein Mittel zum Entblähen sein.
Quelle: dpa
Bildquelle: Clara Margais/dpa/dpa-tmn