Tui rechnet im Sommer trotz der Omikron-Variante mit einem vollen Comeback des Urlaubsgeschäfts und will schon davor einen ersten Teil der Staatshilfen zurückgeben.
Rund 700 Millionen Euro sollen zum 1. April wieder abfließen, wie Vorstandschef Fritz Joussen am Dienstag ankündigte. Nach dem existenziellen Dämpfer in der Anfangszeit der Corona-Krise sieht der Manager eine deutliche Stabilisierung. «Die Nachfrage nach Reisen ist über alle Märkte hoch», sagte Joussen zur Vorlage der Zahlen für das erste Winterquartal. «Der Weg aus der Pandemie zeichnet sich immer klarer ab.»
Das Unternehmen erwartet für den Sommer ein Geschäft etwa auf dem Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Die Vorzeichen dafür waren zuletzt gut: Im ersten Geschäftsquartal (Oktober bis Dezember) erzielte Tui einen Umsatz von 2,4 Milliarden Euro – rund fünfmal so viel wie im ersten Corona-Winter ein Jahr zuvor.
Unterm Strich konnte der Konzern seinen saisontypischen Verlust von 780 Millionen auf 384 Millionen Euro etwa halbieren. Allerdings fiel das Minus höher aus, als viele Branchenexperten erwartet hatten. Im November und Dezember hatten Befürchtungen zu den Konsequenzen von Omikron die Stimmung im Tourismus noch schwer belastet. Der Kurs der Tui-Aktie fand am Dienstagmorgen zunächst keine klare Richtung.
Mut schöpft das Management aus den Buchungen der vergangenen Wochen. Immer noch entschieden sich viele Kunden recht kurzfristig. «Aber das Vertrauen auf Fortschritte bei der Beendigung der Pandemie steigt», berichtete der Konzern. Bis zum 30. Januar hätten gut 3,5 Millionen Kunden eine Tui-Reise für den Sommer gebucht. Das seien 28 Prozent weniger gewesen als zum gleichen Zeitpunkt 2019 – in der vergangenen Woche seien aber schon mehr Neubuchungen eingegangen als in der entsprechenden Zeit 2019. Viele Verbraucher hätten Nachholbedarf.
Ähnliches war zuletzt aus dem Vertrieb zu hören. So meldete das Online-Angebot Tui.com am 30. Januar dem Vernehmen nach den bisher höchsten Umsatz überhaupt an einem Tag. In den stationären Reisebüros und bei Serviceanfragen soll der Betrieb ebenfalls stark zulegen.
Laut Tui greifen Kunden außerdem tiefer in die Tasche als vor der Krise. Die Durchschnittspreise der gebuchten Sommerreisen seien bisher 22 Prozent höher als im Sommer 2019. Dies liege weniger daran, dass Reisen teurer geworden wären. Vielmehr buchten die Menschen höherwertige Hotels und Zimmer sowie mehr Pauschalpakete, erklärte Joussen. Schon in der laufenden Wintersaison gäben Kunden im Schnitt 15 Prozent mehr für ihre Reisen aus als im Vorkrisenwinter 2018/19.
Angesichts der jüngsten Eingänge kann sich Joussen «im Augenblick nicht vorstellen», dass die Entwicklung ins Negative dreht. «Aber Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen.» Schließlich sei Tui auch 2020 erst mit kräftigen Buchungszuwächsen ins Jahr gestartet, bevor das Coronavirus das Reisegeschäft wenig später praktisch zum Stillstand brachte.
Ohne die Unterstützung von Politik und Steuerzahlern wäre es für Tui wohl extrem eng geworden. Nachdem der deutsche Staat die Hannoveraner mit mehr als 4 Milliarden Euro vor dem Untergang gerettet hatte, sieht der Vorstand inzwischen eine deutlich bessere Lage. Anfang Februar verfügte Tui über eine Liquidität von 3,3 Milliarden Euro – einschließlich ungenutzter Kreditlinien. Ein Darlehen der Staatsbank KfW über 3 Milliarden Euro habe Tui kaum beansprucht, sagte Joussen.
Das liegt nicht zuletzt an der jüngsten Kapitalerhöhung, die dem Konzern im Herbst 1,1 Milliarden Euro einbrachte. Der Tui-Vorstand arbeitet weiter darauf hin, die Hilfen komplett zurückzugeben. Bis wann das gelingt, wagte Joussen nicht zu versprechen. Allerdings wäre er «sehr enttäuscht», wenn es drei Jahre dauern würde. Zudem könne der Staat einen Teil des Geldes in Tui-Aktien umtauschen und diese dann verkaufen. «Dann müssen wir das gar nicht zurückzahlen.»
Am Nachmittag versammelt Tui seine Anteilseigner zu einer Online-Hauptversammlung. Erwartet wird, dass die Aktionäre den Weg für eine weitere Kapitalerhöhung von 1,7 Milliarden Euro freimachen. Damit sollten sie dem Konzern «die nötige Beinfreiheit» verschaffen, um die Rückzahlung weiterer Staatshilfen anzugehen.
Das in der Krise eingeleitete Sparprogramm will Joussen bis Ende September zu 90 Prozent abschließen. 2023 sollen die jährlichen Kosten dann um 400 Millionen Euro gesunken sein. «Wir glauben, dass die Tui in der Zukunft erheblich profitabler sein wird als vor der Krise», sagte Joussen. Immer wieder gibt es Kritik am Sparkurs – zuletzt von der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, die der Konzern-Fluggesellschaft Tuifly vorwirft, allzu viele Strecken von anderen Anbietern bedienen zu lassen.
Quelle: dpa
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