Mit Rekord-Investitionen will die Deutsche Bahn nach der Pandemie wieder wachsen
Mit Rekordinvestitionen stemmt sich die Deutsche Bahn (DB) gegen die Folgen der Corona-Pandemie, um wieder auf einen Wachstumspfad zurückzukehren. Einstweilen hat die weltweite Infektionswelle auch die DB wirtschaftlich hart getroffen und im ersten Halbjahr 2020 Umsatz und Ergebnis einbrechen lassen.
Daher schließt die Deutsche Bahn die ersten sechs Monate mit einem operativen Verlust (EBIT bereinigt) in Höhe von 1,8 Milliarden Euro ab. Hinzukommen außerordentliche Effekte, die vor allem durch eine Sonderabschreibung auf die DB-Tochter Arriva von 1,4 Milliarden Euro geprägt sind. Zusammen führt dies im ersten Halbjahr zu einem Ergebnis nach Steuern von minus 3,7 Milliarden Euro.
Bund und Bahn stehen zu ihrem langfristigen Modernisierungs- und Ausbauprogramm für die Eisenbahn in Deutschland, so dass im ersten Halbjahr 2020 die Investitionen erneut gestiegen sind. Mit 5,6 Milliarden Euro (Brutto-Investitionen) und 2,8 Milliarden Euro (Netto-Investitionen) erreichten diese ein neues Rekordniveau und die höchsten Halbjahreswerte in der DB-Geschichte.
Richard Lutz: „Wir sind systemrelevant“
„Das Virus hat unseren erfolgreichen Wachstumskurs jäh ausgebremst und die DB in die schlimmste finanzielle Krise seit ihrem Bestehen gestürzt. Corona hat aber auch gezeigt, wie entscheidend die Schiene für Deutschland und Europa ist: Wir sind systemrelevant. Wir halten auch in sehr schwierigen Zeiten verlässlich Mobilität und Logistik aufrecht“, sagte Dr. Richard Lutz, Vorstandsvorsitzender der DB, in Berlin. Dank der seit einem Jahr verfolgten Strategie „Starke Schiene“ habe die DB den Belastungstest bestanden. Lutz: „Jetzt arbeiten wir jeden Tag daran, wieder mehr Verkehr auf die umweltfreundliche Schiene zu bringen. Dass unsere Investitionsoffensive weitergeht, belegt der Kauf von 30 zusätzlichen ICEs nachdrücklich.“
Im ersten Halbjahr 2020 sank der Umsatz des Deutsche Bahn-Konzerns im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 11,8 Prozent auf 19,4 Milliarden Euro. Knapp 663 Millionen Reisende nutzten die Nah- und Fernverkehrszüge der DB in Deutschland – und damit 37 Prozent weniger als in der ersten Jahreshälfte 2019. Dabei war der Konzern noch im Januar und Februar, nicht zuletzt dank der Senkung der Mehrwertsteuer, mit einem kräftigen Plus ins Jahr gestartet.
Die Verkehrsleistung auf der Schiene im Fernverkehr ging in den ersten sechs Monaten um 44 Prozent auf knapp zwölf Milliarden Personenkilometer zurück. Im Zugverkehr bei DB Regio fiel die Verkehrsleistung um 41 Prozent und bei DB Cargo um knapp 13 Prozent. Der Schienengüterverkehr legte beim Transport von Lebensmitteln und Pandemie-Artikeln zwar zu. DB Cargo litt aber unter anderem erheblich unter dem zeitweiligen Stillstand in zahlreichen Schlüsselindustrien.
Nach den Lockerungen der Corona-Beschränkungen in Deutschland zeichnen sich seit Mai wieder Verbesserungen im Kerngeschäft der DB ab.
Positiv entwickelte sich die Pünktlichkeit. Sie liegt deutlich über Vorjahr. Der Fernverkehr erzielte mit 83,5 Prozent den besten Halbjahreswert seit zwölf Jahren. Die Zufriedenheit der Kunden mit der aktuellen Fahrt kletterte im Juni auf den höchsten Stand seit zehn Jahren.
Sehr unterschiedlich ist das Bild beim internationalen Geschäft. Die europäische Nahverkehrstochter DB Arriva war bereits seit längerem durch den beschlossenen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union und die Entwicklungen auf dem britischen Eisenbahnmarkt unter Druck geraten. Die Corona-Krise traf die DB-Tochter zusätzlich mit voller Wucht, da DB Arriva in Ländern mit besonders schwerem Pandemie-Verlauf wie Großbritannien, Italien und Spanien aktiv ist. Vor diesem Hintergrund war eine Sonderabschreibung von 1,4 Milliarden Euro unumgänglich.
Die internationale Logistik-Tochter DB Schenker navigiert hingegen trotz Umsatzeinbußen gut durch die Krise. Sie bewährte sich weltweit als zuverlässiger Versorger und steigerte das operative Ergebnis (EBIT bereinigt) auf 278 Millionen Euro (plus 16,8 Prozent gegenüber erstem Halbjahr 2019).
Finanzvorstand Holle: „Wir sparen nicht an der Zukunft, wir gestalten sie“
Die DB hat in den ersten sechs Monaten mit rund 19.000 Zusagen an neue Mitarbeiter weiter auf Rekordniveau eingestellt. Angesichts gleichzeitiger Rekordinvestitionen in Infrastruktur und Fahrzeuge bilanzierte Finanzvorstand Dr. Levin Holle: „Das ist ein starkes gemeinsames Signal von Bund und DB für Klimaschutz und Wachstum. Wir sparen nicht an der Zukunft, wir gestalten sie!“
Die Wachstumsoffensive wird sich kurzfristig noch nicht positiv auf die wirtschaftliche Lage der DB auswirken. Zum Jahresende erwartet die DB mit bis zu 3,5 Milliarden Euro den größten operativen Verlust (EBIT bereinigt) ihrer Geschichte. Der Umsatz im Jahr 2020 könnte auf bis zu 38,5 Milliarden Euro sinken. Alle Prognosen sind unverändert mit hohen Unsicherheiten behaftet.
Bildquelle: Deutsche Bahn / Oliver Lang