Ellen Kuhn und Dr. Joachim Materna, die Geschäftsführenden Gesellschafter des Reiseveranstalter WELTREISE-TRAUM erzählen Ihre Corona-Geschichte
Dem aktuellen Aufruf der Touristiklounge an die Touristik sind Ellen Kuhn und Dr. Joachim Materna gefolgt um der Branche von den Herausforderungen zu berichten, welche die Corona Pandemie für den Reiseveranstalter WELTREISE-TRAUM mit sich gebracht hat.
WELTREISE-TRAUM ist ein sehr spezieller Reiseveranstalter, der sich auf echte Weltreisen fokussiert hat. Die Kunden reisen rund um den Globus, wobei die Weltreisen zwischen vier Wochen und oft mehrere Monate bis hin zu einem Jahr dauern. Jede Reise um die Welt findet völlig individuell statt und wird für jeden Reisenden jedes Mal neu nach seinen Wünschen, Vorstellungen und nach seinem Persönlichkeitsprofil massgeschneidert. Das Gesamtpaket enthält alle Flüge und Unterkünfte rund um die Welt, auf Wunsch aber auch Transporte, Mietwagen, Führungen, vielfältige Aktivitäten und Veranstaltungen, wobei WELTREISE-TRAUM auch für ein besonderes Niveau beim Reisen steht. Hinzu kommt immer eine intensive, ganz persönliche Stand-by-Betreuung während der gesamten Reisezeit.
Begonnen haben wir unser Unternehmen 2015. Die Idee entstand während einer eigenen Weltreise. Beginnend als kleines Startup hat sich WELTREISE-TRAUM erfreulicherweise schon im ersten Jahr einer erstaunlichen Nachfrage erfreut. Innerhalb weniger Jahre wurde daraus mit ganz viel Engagement, Kreativität und Manpower ein echtes Erfolgsmodell, sodass unsere freien Mitarbeiter kontinuierlich und immer intensiver beschäftigt waren. Gerade das Jahr 2019 bis Anfang 2020 war das beste aller Geschäftsjahre, brachte uns aber auch selbst an echte Leistungsgrenzen.
An dieser Stelle muss man erwähnen, dass nicht nur das Geschäftsmodell von WELTREISE-TRAUM besonders ist, sondern dass auch wir als dessen Geschäftsführer und als Menschen ein besonderes Leben leben. Seit 2013 sind wir beide fast permanent rund um die Welt unterwegs und leben unterschiedlich lange in unterschiedlichsten Ländern. Mal sind es drei Monate in Miami Beach, mal in Buenos Aires, mal auf Hawaii, mal in Kapstadt, mal auf Sizilien, ganz oft auf Bali und zur Zeit auf Barbados. Wir lieben es, Slow Travelling zu leben, immer neue Kulturen kennenzulernen, eigentlich nicht mehr zu reisen, sondern wirklich an unterschiedlichsten Orten zu wohnen, mitten unter Einheimischen. Dadurch bereichern wir aber nicht nur unser eigenes Leben und leben unsere Träume, sondern haben immer und überall offene Ohren und Augen für neue Ideen im Hinblick auf nächste Kunden-Weltreisen. Die moderne Technik erlaubt uns, überall zu arbeiten und in sehr engem Kontakt mit unseren Kunden zu stehen, egal, wo diese oder wir gerade sind. Da wir nur ein kleines Team sind – im Kern wir beide und dazu einige freie Mitarbeiter – ist die Kundenzahl pro Jahr handverlesen, aber dafür sehr hochwertig.
Wenn man Weltreisen plant und betreut und selbst in der Welt wohnt, muss man die ganze Welt permanent auf dem Schirm haben, sei es nun eine Revolution in Chile, Unruhen in Ecuador, ein Erdbeben in Indonesien, ein Vulkanausbruch in Guatemala oder ein Taifun auf Fidschi. Deshalb haben wir die ersten Meldungen zur neuen Viruskrankheit aus Wuhan auch bereits um den Jahreswechsel 2019/2020 registriert und ab diesem Zeitpunkt engmaschig verfolgt. Eine Kundenfamilie, die bereits seit Monaten unterwegs war, hatte China wenige Wochen später im Ablaufplan ihrer Weltreise. Dennoch hat uns alles, was dann in den nächsten Wochen passiert ist, wie eine Tsunami- Welle getroffen, zu neu, zu groß, zu unvorhersehbar war all das, was uns dann überrollte. Februar und März 2020 war nur noch Krisenmanagement angesagt. Bis zuletzt hofften wir zusammen mit reisenden und kurz vor der Reises stehend Kunden, dass die Fortsetzung der Weltreise oder der Start doch noch möglich sein würden. Aber hatten wir zum Beispiel gerade die Einreisebedingungen für Nepal doch noch möglich gemacht, indem wir im Land davor mühsam und und im richtigen Zeitabstand einen damals noch sehr neuen PCR-Test in Johannesburg organisiert hatten, sperrte Nepal die Grenzen zwei Tage später komplett. Und wir begannen mit der Suche nach im Reiseverlauf sinnvollen und noch möglichen Alternativen. Aber auch diese wurden immer seltener und wie wir alle wissen, fuhr schliesslich alles an die Wand. Alle Weltreisen stürzten in sich zusammen wie Kartenhäuser. Ab Mitte März 2020 galt es nur noch, alle Kunden noch irgendwie an Ihre Heimatorte zurückzuholen, obwohl gerade gebuchte Flüge Stunden später schon wieder gecancelt wurden. Aber es gelang uns durch unseren eigenen Tag-und-Nacht-Einsatz und ohne Inanspruchnahme der Bundeswehr-Aktion.
Und dann galt es, alle Stornierungen abzuwickeln. Durch unser Geschäftsmodell leisten wir oft Monate vor Reisestart hohe Anzahlungen in alle Welt. Fluggesellschaften, Hotels, Touranbieter und viele mehr bestehen auf Teil- oder Vollzahlungen im Vorfeld. Mit Beginn der Pandemie war gleichzeitig und schlagartig die Erkenntnis da, dass unser Geld in schmerzhafter Höhe nun irgendwo auf der Welt verteilt war. Mails und Telefonate – wegen der Zeitverschiebungen wiederum rund um die Uhr – mit der Mongolei, mit Hawaii, mit Seoul, mit Bangkok, mit Kyoto, mit Namibia, um nur ein paar wenige zu nennen. Es war klar, dass in dieser frühen Phase Schnelligkeit alles war. Von Tag zu Tag und erst recht von Woche zu Woche erreichten wir immer weniger Partner oder diese saßen auf der anderen Seite des Globus selbst weinend am Telefon.
Dieser Rückabwicklungsprozess zog sich bis weit in den Herbst des letzten Jahres hin, zwar immer weniger intensiv, aber doch weiter energieraubend. Aber letztendlich auch mit Erfolg. Mehr als 90 Prozent der Außenstände konnten von uns zurückerkämpft werden. Zum Glück hatten alle unsere Kunden extremes Verständnis, vielleicht weil wir die allgemeine Situation rund um die Welt und unsere eigene immer wieder sehr engmaschig an diese kommuniziert haben. Einige Rückerstattungen haben wir erst im März dieses Jahres geleistet. Auf das Geld einer Fluggesellschaft (Thai Airways) warten wir bis heute und hoffen, dass die Insolvenz dieser Fluglinie noch abgewendet werden kann.Und dann ging es ja auch noch um unser eigenes Leben und Überleben. Im März 2020 waren wir selbst auf Bali. Wenige Stunden bevor Indonesien und Singapur die Grenzen schlossen, schafften wir es noch, nach Singapur einzureisen. Dort verbrachten wir vier Monate, bevor die Visum-Vorschriften uns zur Aus- und Weiterreise nach Europa zwangen. Nach kurzem Aufenthalt in Italien entschieden wir uns für Salzburg in Österreich, woraus dann dort durch alle Reise- und Lockdown- Beschränkungen fast sechs Monate wurden. In einer extrem aufwendigen und maximal herausfordernden Aktion, die wir keinem einzigen Kunden jemals zumuten würden, schafften wir es Anfang April hierher nach Barbados.
Finanziell kommen wir dadurch über die Runden, dass wir in den guten Jahren und vor allem im Jahr vor der Pandemie einige Rücklagen bilden konnten und überschaubare laufende Unkosten haben. Im Gegensatz zu vielen Reisebüros müssen wir keine Miete für ein Ladenlokal bezahlen, haben keine laufenden Gehälter (unsere freien Mitarbeiter haben sich andere Jobs gesucht) und die Anträge unseres Steuerberaters auf die ein oder andere staatliche Hilfe war erfolgreich. Das wissen wir sehr zu schätzen, auch wenn wir uns vorstellen können, dass manches Unternehmen in der Reisebranche mit den sicher eher knapp kalkulierten und anfangs sehr verzögert ausgezahlten Unterstützungs- Summen nur schwer zurechtkommen kann. Nur so können wir uns auch erklären, warum manche Reisebüros bereits in noch maximal unsicheren Phasen bereits wieder für Reisen und Ziele werben, die gerade erst aufgemacht haben, mit hoher Wahrscheinlichkeit wenige Tage später wieder neue Lockdown-Massnahmen verhängen oder ihre Grenzen wieder ganz schliessen. Ist das Naivität oder die nackte Verzweiflung, haben wir uns oft gefragt und fragen uns das auch jetzt noch. In jedem Fall bewundern wir die Nervenstärke.
Oft standen wir in den letzten 2-3 Jahren vor der Frage, ob wir an unserer betrieblichen Situation etwas ändern sollten, also doch feste Mitarbeiter einstellen, vielleicht sogar feste Räumlichkeiten anmieten, aber haben uns – zum Glück – immer wieder dagegen entschieden. Weil wir das dann höhere Risiko scheuten, haben wir lieber die Zahl der Kunden klein gehalten. Vor allem aber auch, um unsere Freiheit zu bewahren, für die wir 2013 so viel in unserem Leben verändert hatten.
Unser Business hat im März 2020 einen Total-Crash erlitten und hat die Null-Linie bis heute gehalten. Nicht, dass es keine Anfragen nach Weltreisen gäbe, nein, da kommen regelmäßig ein bis zwei pro Woche herein. Aber die Planung einer Weltreise machte in den letzten 15 Monaten absolut keinen Sinn und tut dies auch heute noch nicht. Auch dieser Tage gehen noch fast täglich Hotels bankrott, Fluggesellschaften kämpfen mit ihrer Insolvenz oder ändern willkürlich ihre Flugpläne, Ländergrenzen werden unvorhersehbar geöffnet und wieder geschlossen oder in Ländern werden von einem Tag auf den anderen Corona-Maßnahmen verhängt, die jedem Gefühl von positivem Reiseerlebnis widersprechen. Von den unberechenbaren Quarantäne-Vorschriften bei Ein- oder Weiterreise in ein Urlaubsland und ebenso bei Rückkehr nach Deutschland siehe aktuell – England – ganz zu schweigen. Das alles gilt nach wie vor und auf aktuell noch nicht absehbare Zeit weltweit. Australien und Neuseeland haben letztes Jahr einen befristeten Lockdown verhängt (mit totaler Einreisesperre für alle Touristen) und haben diese Isolationspolitik mittlerweile um ein ganzes weiteres Jahr bis Ende 2021 verlängert. Im Gegensatz zu einer Flug-Hotel-Flug-Reise, die zur Zeit aber auch noch genügend Unsicherheiten aufweist, ist eine Weltreise ein diffiziles Konstrukt, das so ineinandergreifend gestrickt ist, dass bei eklatanten Problemen an einer oder mehreren Destinationen alles umzustürzen droht wie Dominosteine. Deshalb erscheint uns das Risiko für jegliche Reiseplanung als verantwortliche Reiseveranstalter bis mindestens Herbst 2021, wahrscheinlich sogar Ende 2021 unverhältnismäßig hoch, für uns wie für unsere Kunden. An all dem wird auch die nun langsam anlaufende und bei weitem noch lange nicht flächendeckende Impfung zumindest bis Herbst 2021 noch nichts ändern oder allenfalls begrenzt in Europa. Auch wir haben große Hoffnungen, aber im Augenblick ist es erst einmal nur ein Licht am Ende des Tunnels. Auch wenn in der westlichen Welt das Vakzinationstempo an Fahrt gewonnen hat, werden viele Länder dieser Welt erst in den nächsten 8 bis 12 Monaten an ausreichende Mengen an Impfstoff herankommen.
Alle diese Informationen erhalten auch unsere Kunden und wissen diese Ehrlichkeit sehr zu schätzen.
Ellen Kuhn & Dr. Joachim Materna
So nutzen wir die aktuelle Zeit, um unsere leeren Energietanks wieder aufzufüllen, verbessern unsere Sprachkenntnisse, schreiben ein neues Buch, bilden uns über Reise- Bücher und -Magazine selbst fort, informieren Abonnenten, Kunden und Anfragende mittels unseres Newsletter alle drei Monate über den Stand der Dinge in der Welt und bei WELTREISE-TRAUM und bieten ihnen über unsere Blog-Geschichten und Videoclips ganz viel Stoff zum Träumen. Denn wir sind überzeugt – es gibt ein Leben nach der Pandemie und wir werden alle wieder reisen. Deshalb ist Träumen erlaubt.
Touristiklounge wünscht Ellen Kuhn & Dr. Joachim Materna von WELTREISE-TRAUM weiterhin viel Kraft bei der Bewältigung der aktuellen Krise und eine gesunde und erfolgreiche Zukunft.
Sind Sie Inhaber oder Mitarbeiter eines Betriebes in der Touristik? Dann sind wir sehr an Ihrer Corona Geschichte interessiert. Erzählen Sie der Branche Ihre Geschichte. Touristiklounge belohnt jede veröffentlichte Geschichte mit einem 350€ Media-Budget für einen erfolgreichen Restart nach dem Lockdown! Mehr Informationen
Bildquelle: WELTREISE-TRAUM