Die EU führt auch den russischen TUI-Großaktionär Alexej Mordaschow auf ihrer Sanktionsliste wegen des Krieges gegen die Ukraine.
Der Geschäftsmann, dessen Firmengruppe Unifirm inzwischen über 30 Prozent an dem Reisekonzern hält und sich an mehreren Kapitalerhöhungen beteiligt hatte, «profitiert von seinen Verbindungen zu russischen Entscheidungsträgern» – so jedenfalls die Begründung aus Brüssel. Mordaschow reagierte mit Unverständnis: «Ich kann nicht verstehen, wie diese Sanktionen gegen mich zu der Beilegung des schrecklichen Konflikts in der Ukraine beitragen sollen», erklärte der Oligarch in der Nacht zum Dienstag in einer schriftlichen Stellungnahme, die der Deutschen Presse-Agentur vorlag.
Laut einer Sprecherin Mordaschows ist es derzeit noch zu früh, um mögliche Konsequenzen seines Engagements bei Tui zu beurteilen. Er selbst verteidigte sich: «Ich engagiere mich seit sehr langer Zeit für die Entwicklung der wirtschaftlichen, kulturellen und humanitären Zusammenarbeit zwischen vielen europäischen Ländern.»
Die EU hatte am Montagabend Strafmaßnahmen gegen mehrere russische Oligarchen in Kraft gesetzt. Nun werden deren Vermögenswerte in der EU eingefroren und die Reisefreiheit eingeschränkt. Mordaschow ist Haupteigentümer des Stahlkonzerns Severstal und mit gut einem Drittel der Anteile mächtigster Einzelaktionär des weltgrößten Reisekonzerns Tui. Bei dem Unternehmen aus Hannover sitzt er auch im Aufsichtsrat.
Die EU kritisierte in der Veröffentlichung der Sanktionsliste in ihrem Amtsblatt unter anderem Mordaschows Beteiligungen an einer Bank, die «als persönliche Bank hochrangiger Beamter der Russischen Föderation gilt». Das Institut habe unter anderem Zweigstellen auf der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim – «und so deren Eingliederung in die Russische Föderation verfestigt».
Auch halte eine Firma Mordaschows Anteile an einer Medienholding, «die ihrerseits Fernsehsender kontrolliert, die aktiv die Politik der russischen Regierung zur Destabilisierung der Ukraine unterstützen». Brüssel kommt insgesamt zu der Einschätzung: «Daher ist er für die Unterstützung von Handlungen oder politischen Maßnahmen verantwortlich, die die territoriale Unversehrtheit, die Souveränität und die Unabhängigkeit der Ukraine untergraben.»
Mordaschow meinte, der Krieg sei eine «Tragödie für zwei brüderliche Nationen. Ich hoffe aufrichtig, dass in sehr naher Zukunft ein Weg gefunden werden kann, der den Konflikt löst und das Blutvergießen beendet.» Er sei nie nah an der Politik gewesen und habe sich immer darauf konzentriert, wirtschaftlichen Wert und Arbeitsplätze in Russland und im Ausland zu schaffen. «Ich habe mit dem Entstehen der derzeitigen geopolitischen Spannungen absolut nichts zu tun und weiß nicht, warum die EU die Sanktionen über mich verhängt hat.»
Tui-Vorstandschef Fritz Joussen hatte sich bereits zuvor zu den erwarteten Sanktionen geäußert. Er rechnete für diesen Fall nicht mit Konsequenzen für das Unternehmen. Tui werde vom Vorstand geführt und nicht von den Anteilseignern oder vom Aufsichtsrat, schrieb Joussen in einem Brief an die Mitarbeiter. «Damit gehen wir davon aus, dass etwaige Restriktionen oder Sanktionen gegenüber Herrn Mordaschow für uns als Unternehmen keine nachhaltig negativen Folgen haben werden.»
Aus Konzernkreisen hieß es weiter, es gelte, Fragen der Beteiligungen an Tui und Fragen der operativen Steuerung des Geschäfts zu trennen. Eine Diskussion über Mordaschows Rolle läuft dessen ungeachtet aber schon länger. So gab es etwa Kritik, die staatlichen Milliardenhilfen für Tui zur Bewältigung der Corona-Krise kämen vor allem den Großaktionären zugute, während Mitarbeiter ihre Jobs verlören. Auf der Hauptversammlung des Konzerns vor drei Wochen wurde Mordaschow zwar mit großer Mehrheit wieder in den Aufsichtsrat gewählt, erhielt jedoch weniger Stimmen als andere Mitglieder des Kontrollgremiums. Der Verwaltungssitz der Unifirm ist auf Zypern.
Quelle:dpa
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