Piloten und Tuifly wollen weiter beraten Flugzeuge der Fluggesellschaft Tuifly auf dem Flughafen Hannover. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Archivbild

Piloten und Tuifly wollen weiter beraten

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«Keine Denkverbote» – das war die Forderung der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, bevor jetzt nach längerer Unterbrechung die Gespräche mit dem Tuifly-Management weitergingen.

Im Streit über den Stellen- und Flottenabbau bei Tuifly haben sich Piloten und Management zu neuen Gesprächen zusammengerauft – ein Ergebnis lässt aber noch auf sich warten. Beide Seiten vertagten sich am Donnerstagabend. Nach dem Abbruch im Herbst hatten sie erst kürzlich wieder zueinander gefunden. Wie ein Tuifly-Sprecher sagte, sollen die Beratungen in der kommenden Woche fortgesetzt werden. Ein Termin sei noch nicht festgelegt. Beide Seiten hätten Stillschweigen zum Stand der Dinge vereinbart.

Kernpunkt der Auseinandersetzung ist die Frage, ob sich Tuifly darauf einlässt, im laufenden Sparkurs bei den Piloten auch über 2021 hinaus auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) machte dies bisher zur Bedingung für einen anhaltenden «Krisenbeitrag» wie weitere Kurzarbeit. Das Unternehmen lehnte eine längerfristige Beschäftigungsgarantie dagegen ab.

Zuletzt hatten sich Piloten und Führung beim Thema Kündigungsschutz verhakt. Tuifly-Chef Oliver Lackmann peilte aber einen grundsätzlich «ergebnisoffenen» Neustart der Gespräche an, VC-Tarifpolitik-Chef Marcel Gröls forderte eine Vermittlung «ohne Denkverbote».

Aus Sicht des Unternehmens ist ein mittelfristig tragfähiger, struktureller Umbau von Tuifly – auch angesichts der schon vor der Corona-Krise hohen Überkapazitäten – nur möglich, wenn es zu einer deutlichen Reduktion von Maschinen und Jobs bei der Fluglinie des Touristikkonzerns kommt. Daher könne man nicht hinter den letzten Verhandlungsstand aus dem Herbst zurückfallen, so Lackmann Ende Januar. Dieser sei das «Maximum des wirtschaftlich Machbaren».

Aus Kreisen der Piloten hieß es, die Zukunftsangst sei bei vielen Kolleginnen und Kollegen groß. Manche Mitglieder anderer Berufsgruppen und Betriebsratschef Frank Jakobi hatten derweil verlangt, das Cockpit-Personal müsse selbst größere Einsparbeiträge leisten: Andere Beschäftigte verzichteten weiterhin freiwillig auf erhebliche Teile ihres Gehalts, während die Kurzarbeitsregelung für die Piloten Ende November nicht verlängert worden war.

Die VC argumentierte, es müsse ein faires Angebot ohne Androhung von Entlassungen denkbar sein. «Dass Tuifly eine grundsätzliche Restrukturierung durchlaufen soll, ist uns bewusst», sagte Gröls. «Natürlich ist es unser Anspruch, diesen Wandel zu begleiten. Unser erklärtes Ziel ist es aber auch, dass das Unternehmen dabei möglichst auf Kündigungen verzichten sollte. Es ist wichtig, dass beide Seiten noch einmal prüfen, was möglich ist.»

Tuifly hatte zwischenzeitlich als Kompromiss angeboten, die Zahl der 39 deutschen Maschinen nur auf 22 statt 17 abzubauen sowie 250 Arbeitsplätze in Cockpit und Kabine weniger zu streichen als ursprünglich geplant. Doch an der Kündigungsoption hielt man fest. Gröls brachte als Gegenvorschlag ins Spiel: «Wenn Tui sagen würde, dass niemand ausscheiden muss, bei Bedarf aber ein ausgleichender Betrag für Kollegen angeboten würde, die freiwillig ausscheiden wollen – dann könnte ich mir vorstellen, dass die Kosten gesenkt werden können, ohne betriebsbedingte Kündigungen aussprechen zu müssen.»

Konzernchef Fritz Joussen will angesichts des Geschäftseinbruchs in der Pandemie weltweit rund 8000 Stellen streichen. Dies soll vorwiegend im Ausland geschehen. Aber auch bei Tuifly, in Reisebüros oder in der Verwaltung sind empfindliche Kürzungen vorgesehen. Im Sommer war von bis zu 900 betroffenen Vollzeitstellen bei der Airline die Rede – bei rund 2000 Vollzeitstellen insgesamt, davon etwa 1400 Piloten und Flugbegleitern.

Parallel zu den wiederaufgenommenen Gesprächen läuft ein sogenanntes Einigungsstellen-Verfahren nach dem Betriebsverfassungsgesetz, um einen Sozialplan und Interessenausgleich zu erreichen. Tui erklärte, an einer eigenen, vollständig selbst betriebenen Fluggesellschaft festhalten zu wollen. Bei Gewerkschaftern gibt es jedoch auch Sorgen, dass nur eine Art Rumpf übrig bleibt und künftig viele Jets extern angemietet werden müssen, wenn die Nachfrage stärker zurückkehrt.

Kritiker verweisen zudem darauf, dass die Tui-Gruppe bereits staatliche Milliardenhilfen im Kampf gegen die Umsatzeinbrüche erhält. Andererseits sind Sparvorgaben auch Teil der Bedingungen für Kredite und Bürgschaften. Auch in Großbritannien, Belgien, den Niederlanden und Schweden betreibt der Konzern eigener Zubringer. Die europäischen Airline-Marken von Tui sollen laut den vom Aufsichtsrat beschlossenen Plänen aus dem vergangenen Juni nun gebündelt werden.


Quelle: dpa
Bildquelle: Hauke-Christian Dittrich/dpa/Archivbild


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